Der Berliner Physiologe Emil Du Bois-Reymond (1818-1896) war einer der herausragenden Pioniere in der Anwendung des experimentellen Verfahrens zur Erkundung des Lebendigen. Eine zweibändige Monographie mit dem Titel „Untersuchungen über thierische Elektricität“ (1841-1884) sowie eine Sammlung von ihm selbst ausgewählter Aufsätze (Gesammelte Abhandlungen, 1871-1875) bilden sein wissenschaftliches Hauptwerk. Du Bois-Reymonds Wissenschaftstexte galten als Musterbeispiele für die präzise Dokumentation des Experimentalprozesses und der damit verbundenen instrumentellen Herangehensweisen. Ein bedeutender Beitrag zur Vortragskunst des 19. Jahrhunderts sind Du Bois-Reymonds „Reden“. Er hielt sie in seinen Eigenschaften als Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Universitätsrektor, Professor der Physiologie und Dekan der Berliner medizinischen Fakultät. Die in den Vorträgen behandelten Themen entsprachen dem weiten Horizont eines umfassend gebildeten Gelehrten und großstädtisch geprägten Bildungsbürgers. Die Mehrzahl der Vorträge stammt aus der Zeit nach der Reichsgründung und ergibt damit ein facettenreiches Dokument der politischen und kulturellen Gesinnung der Kaiserzeit aus der Perspektive ihrer damaligen Wissenschaftselite.