Wirken und Werk des Jesuiten Sigismund von Storchenau (1731 - 1797) fällt in einen spannungsreichen und teilweise auch widersprüchlichen Abschnitt der Philosophiegeschichte: Die Schule Christian Wolffs verliert ihren Einfluss und löst sich schließlich auf, die kritische Philosophie Immanuel Kants erstarkt. Die Probleme der Aufklärung erfahren in diesem späten Stadium der Aufklärung eine letzte Zuspitzung, die zu einer ausführlichen Reflexion des Selbstverständnisses der deutschen Aufklärung führt, wobei sich in verstärktem Maße auch Gruppen gegenaufklärerischer Kräfte bilden und zu Wort melden.
Dieses wenig homogene Gesamtbild jener Jahrzehnte spiegelt sich auch im Denken Storchenaus wider. Als der wohl erste Philosoph der katholischen Aufklärung berührt er die Fragen, die im Brennpunkt der zeitgenössischen Diskussion stehen, die Fragen nach dem Wesen von Religion und nach der wahren Religion unabhängig von den vielen einzelnen geschichtlichen Konkretionen von Religion. Darin liegt seine Bedeutung und darin weist er über sein konkretes Werk und auch über seine Zeit hinaus.
Die insgesamt zwölf Bände der „Philosophie der Religion“ einschließlich der „Zugaben zur Philosophie der Religion“ gehören auf ihrem Gebiet zu den meistverbreiteten katholischen Publikationen der damaligen Zeit. Storchenau wendet sich hier bewusst an eine breitere Leserschaft, sein Stil ist lebhaft und teilweise ironisch, zur Auflockerung fügt er immer wieder fingierte Dialoge und Briefe, Anekdoten, aber auch Gedichtzitate ein.